Netzzugang und Zustellwettbewerb im Briefmarkt (Nr. 336) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Netzzugang und Zustellwettbewerb im Briefmarkt (Nr. 336)

Zusammenfassung

Bislang haben sich in Briefmärkten zwei Wettbewerbsmodelle herausgebildet: Beim Netzzugang besteht Wettbewerb lediglich bei Vorleistungen, etwa dem Vorbereiten, Sortieren und dem Transport von Briefen. Für die Zustellung gewährt der Incumbent den Vorleistern Zugang zu seinem Zustellnetz. Beim Zustellwettbewerb (End-to-End-Wettbewerb) dagegen erbringen die Wettbewerber die gesamte Wertschöpfungskette, so dass der Wettbewerb über eigene Zustellinfrastruktur ausgetragen wird. Ein erstes Ziel der Studie ist es, die Erfahrungen dieser beiden Wettbewerbsmodelle in ausgewählten Länder auszuwerten und die Rolle des Netzzugangs zu untersuchen. Ein weiteres Ziel ist es, zu überprüfen, ob in Deutschland eine Verpflichtung zum Zugang zu Teilleistungen über das heutige Niveau hinaus erforderlich ist.

Die Auswertung der internationalen Erfahrungen kommt zum Ergebnis, dass durch Netzzugang vor allem die Preise für die Versender sinken. Diese Preissenkungen können entweder direkt auf die Versender wirken, indem sie den Teilleistungszugang des Incumbents selbst nutzen, oder indirekt, indem sie Konsolidierer (Vorleister) nutzen. Dies macht eine Besonderheit der Postmärkte gegenüber anderen Netzindustrien offenbar: Großversender, d.h. größere Endkunden, können Teilleistungsprodukte direkt nutzen und tun das auch. Zum Beispiel in Deutschland nutzen überwiegend Endkunden (Großversender) den Teilleistungszugang, nicht Wettbewerber (Konsolidierer). In anderen Netzsektoren, wie beispielsweise dem Telekommunikationssektor, nutzen hingegen (fast) ausschließlich Wettbewerber den Netzzugang des Incumbents. Somit stehen Wettbewerber im Telekommunikationsmarkt zwischen den Endkunden und dem Netzanbieter. Dagegen stehen auf dem Postmarkt Endkunden auf derselben Ebene wie zugangsbasierte Wettbewerber (Konsolidierer). Eine Regulierung der Teilleistungspreise wirkt somit auf dem Postmarkt im Wesentlichen wie eine Endkundenpreisregulierung. Zudem stellt die Untersuchung fest, dass Netzzugang sich auch positiv auf die Sendungsmengenentwicklung auswirken kann. Zudem bewirkt Netzzugang das Entstehen einer je nach Land mehr oder weniger stark ausgeprägten Vorleistungsindustrie.

Im Ergebnis erscheint eine Netzzugangsverpflichtung nur in solchen Märkten sinnvoll, die starke Monopolstrukturen aufweisen bzw. in denen der Wettbewerbsdruck auf die Preise fehlt. Je höher die Wettbewerbsintensität in einem Markt ist (beispielsweise durch zunehmenden End-to-End-Wettbewerb oder elektronische Substitution), desto eher bietet der Incumbent freiwillig Zugangsprodukte an.

Die gegenwärtig gültigen Teilleistungsentscheidungen der BNetzA wurden zu einer Zeit getroffen, als die Deutsche Post ein Teilmonopol besaß und noch stärker marktbeherrschend war als heute. Heute erscheint die Teilleistungsverpflichtung nicht mehr bindend, der Incumbent würde auch ohne Verpflichtung Teilleistungen anbieten. Netzzugangsverpflichtungen über das derzeitige Niveau hinaus erscheinen daher nicht notwendig. Eine bedeutende zukünftige Herausforderung für die BNetzA besteht hingegen darin sicherzustellen, dass Teilleistungen diskriminierungsfrei allen Endkunden und Wettbewerbern angeboten werden.

Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.