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Substitution der Briefpost durch elektronische Medien in privaten Haushalten (Nr. 161)

Substitution der Briefpost durch elektronische Medien in privaten Haushalten

Nr. 161: Thomas Baldry

Substitution der Briefpost durch elektronische Medien in privaten Haushalten
Nr. 161 / Juli 1996

Zusammenfassung

Briefe und Postkarten stehen im Wettbewerb zu anderen Medien und in einer engeren Abgrenzung ganz besonders zu den elektronischen Medien der Telekommunikation. Die Briefsubstitution ist ein Sammelbegriff für den Ersatz des per Briefpost durchgeführten Kommunikationsverkehrs. Die resultierenden Wechselbeziehungen werden unter dem Begriff der Substitutionskonkurrenz zusammengeführt. Fokus der vorgestellten Primärdatenerhebung ist es, die Art, Wirkungsrichtung und Stärke der Substitutionskonkurrenz bei privaten Haushalten zu analysieren und diesbezüglich Prognosen für die kurze Frist abzuleiten.

Gemäß der Umfrage haben Ende 1995 94% der Privathaushalte einen Telefonanschluß, 45% besitzen einen automatischen Anrufbeantworter, 6% ein Faxgerät, 16% einen PC und 2% zusätzlich noch ein Modem. 1,9% nutzen Online-Dienste über ihren PC und 0,9% arbeiten mit E-Mail Programmen. Freiberufler/Selbständige und Schüler/Studenten bilden die beiden Gruppen mit der besten Telekommunikationsausstattung. So besitzt jeder zweite Selbständige Faxgerät und PC, darüber hinaus jeder siebte ein Datenmodem. Haushalte mit ausreichender Ausstattung an Telekommunikationsmedien haben trotz allem ein höheres postalisches Sendungs- und Empfangsvolumen als durchschnittlich bzw. nicht ausgestattete Haushalte.

Unter den zwei Annahmen, daß Haushalte auf die zur Briefsubstitution notwendigen Medien uneingeschränkt zugreifen können und daß kein zusätzlicher, exogener Kommunikationsverkehr generiert werden wird, würde im Vergleich zum heutigen postalischen Sendungsvolumen die Briefpost um 4-6% im Jahr schrumpfen. Hierbei bleibt die durch den Unternehmenssektor verursachte Briefsubstitution außerhalb der Betrachtung. Die Anschaffungswünsche von Kommunikationsalternativen erweisen sich als moderat. Es wollen sich in naher Zukunft 5% eine Faxmaschine, 17% einen Computer und 7% ein Modem kaufen. Dabei ist die Ersatznachfrage eindeutig größer als der Wunsch zur Erstausstattung. Wer im Besitz neuerer Telekommunikationsmedien ist, strebt nach einer Anpassung an die jeweils neue Gerätegeneration.

Die Primärdatenerhebung hat zwei zentrale Erkenntnisse hervorgebracht. Erstens ist das momentane Substitutionspotential, das besonders durch die Verbreitung alternativer Medien und die Einstellung der privaten Haushalte zu ihnen determiniert ist, im Durchschnitt nicht sehr ausgeprägt. Zwei Ausnahmen bilden die Segmente der Selbständigen und der Schüler/Studenten. Zweitens ist das Bewußtsein für die Möglichkeiten der Kommunikationsalternativen schon weit entwickelt und vor allem mit einer positiven Grundhaltung verbunden. Für die nächsten Jahre ist eine merkliche Bewegung hin zur elektronischen Kommunikation zu prognostizieren, allerdings mehrheitlich nur für innovationsfreudige Haushaltssegmente, welche derzeit ca. 30% aller Haushalte repräsentieren. Schließlich sind alle vorgestellten Messungen und Interpretationen unter dem Aspekt zu betrachten, daß die Thematik der postalischen Substitutionskonkurrenz der Mehrzahl der Privathaushalte noch fremd ist.