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Alternative Formen des entbündelten Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung (Nr. 215)

Alternative Formen des entbündelten Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung

Astrid Höckels

Alternative Formen des entbündelten Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung
Nr. 215 /Januar 2001

Zusammenfassung

Die Wettbewerbsintensität in den Ortsnetzen der EU Mitgliedstaaten ist drei Jahre nach der Liberalisierung der europäischen Telekommunikationsmärkte immer noch sehr gering. Eine Möglichkeit, den Wettbewerb in diesem Segment sowohl bei Sprachtelefon- als auch bei innovativen Breitbanddiensten zu intensivieren, ist die Entbündelung der Teilnehmeranschlussleitung. Für die Entbündelung kommen verschiedene Alternativen in Betracht: vollständige Entbündelung, gemeinsamer Zugang zum Teilnehmeranschluss (line sharing), sowie bitstream access. Angesichts der Tatsache, dass Teilnehmeranschlussleitungen heute nicht notwendig mehr auf einer Kupferdoppelader beruhen, sondern vermehrt bereits Glasfaser eingesetzt wird, werden auch subloop unbundling sowie fiber in the loop Lösungen relevant.

Ziel der Studie ist erstens, die wettbewerbstheoretischen Grundlagen des Zugangs zum Teilnehmeranschluss darzustellen. Zweitens sollen die Herausforderungen bei der Implementierung der alternativen Formen des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss analysiert werden. Drittens sollen bisherige Erfahrungen mit Entbündelungslösungen aus verschiedenen Ländern untersucht werden.

Die grundlegende Verpflichtung der etablierten Betreiber, neuen Wettbewerbern den Zugang zum Teilnehmeranschluss zu gewähren, wird gemeinhin mit der Essential-Facilities-Doktrin begründet. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass diese Doktrin im europäischen und deutschen Wettbewerbsrecht ein sehr junges Instrument darstellt und ihre Anwendung kontrovers diskutiert wird.

Die Analyse der alternativen Formen des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss zeigt, dass für jede Entbündelungsform diverse technische und organisatorische Herausforderungen vor der Umsetzung bzw. im laufenden Betrieb bestehen. Darüber hinaus ergibt sich, dass insbesondere die Festsetzung und Überwachung der Preise, Fristen und vertraglichen Vereinbarungen zwischen den etablierten Betreibern und den neuen Wettbewerbern eine entscheidende Voraussetzung für die Entwicklung eines funktionsfähigen Wettbewerbs im Ortsnetz ist.

Die bisherigen Erfahrungen aus der Praxis sowohl aus Deutschland als auch aus den USA zeigen, dass trotz einer seit mehreren Jahren vorgeschriebenen vollständigen Entbündelung die Wettbewerbsintensität im Teilnehmeranschlussbereich nach wie vor sehr gering ist. Vor dem Hintergrund, dass die etablierten Betreiber mittlerweile ihre beherrschende Stellung auch auf den noch relativ jungen Markt für Breitbanddienste ausgeweitet haben, ist aus unserer Sicht der gemeinsame Zugang zum Teilnehmeranschluss erforderlich. Die praktischen Erfahrungen der genannten Länder zeigen ebenso, dass das Zustandekommen von funktionsfähigem Wettbewerb angesichts diverser Interessengegensätze zwischen etablierten Betreibern und neuen Wettbewerbern eine Festsetzung und dauerhafte Überwachung der ökonomischen, technischen und organisatorischen Herausforderungen durch eine Regulierungsinstanz zwingend voraussetzt.