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Die Auswirkungen der Festnetzmobilfunksubstitution auf die Kosten des leitungsvermittelten Festnetzes (Nr. 304)

Patrick Anell, Konrad Zoz
Neuer Diskussionsbeitrag

Patrick Anell, Konrad Zoz

Die Auswirkungen der Festnetzmobilfunksubstitution auf die Kosten des leitungsvermittelten Festnetzes

Nr. 304 / Februar 2008

Zusammenfassung

Die vorliegende Studie analysiert die Implikationen der Festnetzmobilfunksubstitution (FMS), d.h. der Substitution von Festnetztelefonie durch Mobiltelefonie, auf die Kosten des leitungsvermittelten Festnetzes. Primäres Ziel der Studie ist es, die Kostenverve-ränderung infolge von Festnetzmobilfunksubstitution anhand der Zusammenschaltungs-leistungen auf Basis des Analytischen Kostenmodells für das nationale Verbindungs-netz in Deutschland zu quantifizieren. Aufgrund der Prognoseschwierigkeiten über die zukünftig zu erwartenden Substitutionseffekte und Nachfrageveränderungen wurden Szenarien und Sensitivitätsanalysen durchgeführt, um die Reagibilität der Kosten des Festnetzes auf Festnetzmobilfunksubstitution abschätzen zu können. Szenarienbildung und Kostenanalyse basieren im Wesentlichen auf öffentlich zugänglichen Daten bzw. Experteneinschätzungen.

Zur Abbildung der Nachfrage und ihrer Verteilung im Raum wurde eine Datenbank der Hauptverteilerstandorte erstellt. Dabei wurde auf folgende öffentlich verfügbare Informationen bzw. Statistiken zurückgegriffen: Zahl und Lage der Ortnetzbereiche (GIS Da-ten), Bevölkerungsstatistik auf Gemeindeebene und die Bevölkerungsdichte.

Kern dieser Studie bildet die Formulierung von Verkehrsmengenszenarien, die im We-sentlichen auf Basis von Verkehrsdaten der Bundesnetzagentur (BNetzA) und des Ver-bandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) entwi-ckelt wurden. Dabei wurden anhand einer Trichteranalyse ein Szenario „Geringe FMS“, ein Szenario „moderate FMS“ und ein Szenario „hohe FMS“ analysiert. Als ein zentrales Problem bei der Szenarienbildung stellte sich die Datenverfügbarkeit hinsichtlich der Quantifizierung der Festnetzmobilfunksubstitution heraus. Vorhanden sind lediglich Verkehrs- und Anschlussdaten für die jeweiligen Netze sowie ihre Veränderung im Zeit-ablauf. Aus empirischer Sicht lässt sich feststellen, dass die Entwicklung sowohl der Anschlusszahlen als auch der Verkehrsminuten in Festnetz (abnehmend) und Mobil-funk (steigend) diametral gegenläufig ist, was auf das Vorliegen von Anschluss- und Verkehrssubstitution hinweist, sich jedoch nicht darauf reduzieren lässt. Neben der FMS wirken eine Vielzahl von weiteren Substitutionseffekten auf das PSTN des Incum-bents. Diese sind im Wesentlichen die Substitution durch Wettbewerberanschlüsse, die Substitution durch Voice over IP, die Substitution durch Telefonie über TV-Kabel und die Substitution von Schmalbandinternet durch Breitbandinternet. Die Studie differen-ziert zwischen diesen Substitutionsprozessen und prognostiziert die zukünftige Quantität jedes dieser Prozesse. Dies erfolgt auf Basis der historischen Verkehrsmengenentwicklungen seit 2003 (Quellen: Bundesnetzagentur, VATM) und absehbaren Barrieren bzw. Treibern zukünftiger Verkehrsmengenentwicklungen wie beispielsweise den sin-kenden Mobilfunkpreisen, der fehlenden Breitbandfunktionalität des Mobilfunks und der ansteigenden Breitband- und Voice over IP-Nutzung.

Die Untersuchung zeigt, dass die von der FMS ausgehenden Kostenimplikationen im Kontext der Substitutionseffekte quantitativ keine herausragende Stellung einnehmen. Der Einfluss der FMS auf die Verkehrsmengen im Festnetz des Incumbents ist sogar geringer als die Verkehrsmengeneffekte, die von der Substitution durch Voice over IP-Verkehr, die Substitution durch Anschlusswechsel zum Wettbewerber und durch Substi-tution von schmalbandigem Internetverkehr durch Breitbandinternet ausgehen. Anhand dreier Szenarien „moderate FMS“ (die FMS behält ihre jetzige Steigerungsrate linear bei), „hohe FMS“ (die FMS verdoppelt ihre Steigerungsrate) und „geringe FMS“ (die FMS halbiert ihre Steigerungsrate) wurde ebenfalls der isolierte Einfluss der FMS auf die Zusammenschaltungsentgelte analysiert. Die Auswertung dieser Szenarien ergab, dass die Zusammenschaltungsentgelte im Zeitraum 2006 bis 2010 aufgrund von FMS lediglich moderat steigen. Die geschätzten Änderungen liegen für die drei untersuchten Tarifstufen zwischen: 2,23 % (im Szenario geringe FMS) bis 9,16 % (im Szenario hohe FMS). Bezogen auf die jährliche Veränderung der Zusammenschaltungsentgelte liegt selbst das Szenario „Hohe FMS“ betragsmäßig (wenn auch mit anderem Vorzeichen) im Bereich der in Vergangenheit vollzogenen Änderungen der Zusammenschaltungs-entgelte des Genehmigungszeitraumes 2003 bis 2006. Letztlich kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass eine Verkehrsmengenreduktion infolge von FMS ceteris paribus zu einer wesentlichen Erhöhung der Zusammenschaltungsentgelte in Deutschland führt.

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