Ex-ante-Preisregulierung nach vollständiger Marktöffnung der Briefmärkte (Nr. 294) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Ex-ante-Preisregulierung nach vollständiger Marktöffnung der Briefmärkte (Nr. 294)

Neuer Diskus: Ex-ante-Preisregulierung nach vollständiger Marktöffnung der Briefmärkte

Alex Kalevi Dieke, Sonja Schölermann

Ex-ante-Preisregulierung nach vollständiger Marktöffnung der Briefmärkte

Nr. 294 / April 2007

Zusammenfassung

In der europäischen Postregulierung und wissenschaftlichen Diskussion gibt es kein Einver­nehmen über die Rolle der Ex-ante-Preisregulierung in liberalisierten Märkten: In einigen Staaten unterliegen Universaldienste inkl. aller Brief- und Paketprodukte des Incumbent der Genehmigungspflicht, in anderen beschränkt sie sich z. B. auf Monopol­dienste oder Einzelsendungen. Das deutsche Postgesetz sieht vor, dass ab 2008 nur mehr Briefe unterhalb von 50 Stück Einlieferungsmenge genehmigungspflichtig sind.

Ziel dieser Studie ist, den erforderlichen Umfang von Ex-ante-Preisregulierung in Deutschland für die Zeit nach der vollständigen Marktöffnung (2008) zu bestimmen. Dazu wurde das Marktanalyseverfahren und der Drei-Kriterien-Test der EU-Kommission (Regulierungsrahmen für elektronische Kommunikation) auf den deutschen Briefmarkt angewendet.

Der geographisch relevante Markt ist das gesamte Bundesgebiet. Es wurden elf sachlich relevante Märkte identifiziert, darunter drei Privatkundenmärkte (nationale Briefe, internationale Briefe, Einschreiben) und acht Geschäftskunden- und Worksharing-Märkte. Als Privatkunden gelten Haushalte und geschäftliche Versender mit geringer Sendungsmenge. Worksharing-Produkte beinhalten nur einen Teil der Wertschöpfungs­kette und erfordern vom Versender z. B. Vorsortierung oder Transportleistungen. Marktabgrenzung und -analyse erfolgten auf Basis öffentlich verfügbarer Informationen.

Märkte kommen nur dann für Ex-ante-Regulierung in Betracht, wenn (i) hohe und dauerhafte Markteintrittsschranken bestehen, (ii) keine Tendenz zu wirksamem Wettbewerb erkennbar ist, und (iii) die Anwendung allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreichend ist. Unsere Analyse findet alle drei Kriterien nur für drei der elf Märkte – die Privatkundenmärkte – erfüllt. Markteintrittsschranken sehen wir insbesondere in versunkenen Investitionen in Zugangsnetze und Marketing begründet, die relativ zum geringen Volumen der Privatkundenmärkte erheblich sind. Zusätzlich liegen in der Zustellung Skaleneffekte vor, die jedoch allein keine Markteintrittsbarriere begründen. Auch für die Zeit nach der vollständigen Marktöffnung ist keine Tendenz zu wirksamem Wettbewerb auf Privatkundenmärkten erkennbar und wir halten die alleinige Anwen­dung des GWB nicht für ausreichend. In den anderen Märkten (für Geschäftskunden- und Worksharing-Produkte) haben wir keine Markteintrittsschranken festgestellt.

In den Privatkundenmärkten besitzt die Deutsche Post AG beträchtliche Marktmacht und Ex-ante-Preisregulierung ist erforderlich. Für Geschäftskunden- und Worksharing-Märkte hingegen erscheint sie unangemessen, da dort keine hohen und dauerhaften Markteintrittsschranken vorliegen. Die Regelung des Postgesetzes, die Preisgenehmigungspflicht auf Sendungen unterhalb einer definierten Einlieferungsmenge zu begrenzen, erscheint im Grundsatz angemessen – jedoch sollte die 50-Stück-Grenze mittels einer Nachfragestudie überprüft werden.

Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.