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Eine Methode zur Bestimmung der Infrastrukturlast im Briefdienst (Nr. 127)

Eine Methode zur Bestimmung der Infrastrukturlast im Briefdienst

Wolfgang Elsenbast

Eine Methode zur Bestimmung der Infrastrukturlast im Briefdienst
Nr. 127 / März 1994

Zusammenfassung

Die DBP Postdienst unterliegt im Gegensatz zu privaten Anbietern bei der Erstellung von Brief-, Zeitungs- und Paketdienstleistungen einem Infrastrukturauftrag, dessen Kern die Forderung nach einer flächendeckenden Versorgung zu einheitlichen Tarifen ist. Durch die flächendeckende Bereitstellung der Dienstleistungen entstehen dem Postdienst aber zusätzliche Kosten, da sie bei den gegebenen Tarifen und der derzeitigen Dienstleistungsqualität aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht rational erscheint. Das Ausmaß dieser zusätzlichen Belastung ist von grundsätzlicher Bedeutung für die Diskussion um die Zulassung von Wettbewerb in Postmärkten und den zukünftigen Umfang des Briefmonopols.

In diesem Diskussionsbeitrag wird die Last des Infrastrukturauftrages für Briefdienstleistungen erörtert. Ausgangspunkt der hier vorgestellten Überlegungen ist, daß bei der Bestimmung der Last zwischen der aktuellen Last und der "reinen" Last unterschieden werden muß.

Die aktuelle Infrastrukturlast im Briefdienst entspricht der Differenz zwischen den Kosten und Erlösen, die wegfallen, wenn die DBP Postdienst unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten Briefdienstleistungen erstellen würde. Zur Ermittlung dieser Last (als auch der "reinen" Last) ist das Netz im Briefdienst der DBP Postdienst in Verkehrsrelationen, die Einsammel- und Zustellgebiete miteinander verbinden, sowie nach den Sendungsarten "Briefpost Einzelsendung", "Briefpost Massensendung" und "Infopost" zu unterteilen.

Die Identifizierung der Infrastrukturlast erfolgt dann in zwei größeren Schritten: Zuerst werden die Brief- und Infopostströme geordnet nach Zustellgebieten und nach Gruppen von Verkehrsrelationen, die annähend die gleiche Kostenstruktur aufweisen, nach geographischer Quersubventionierung untersucht. Anschließend werden die als nicht wegfallend identifizierten Ströme geordnet nach Einsammelgebieten untersucht.

Mit diesem Verfahren ergibt sich die Infrastrukturlast als die Summe der Quersubventionsbeträge für die Zustellgebiete plus die Summe der zusätzlichen Quersubventionen für die Einsammelgebiete. Die Last eines Zustellgebietes entspricht im Falle eines defizitären Zustellgebietes der Differenz zwischen den inkrementellen Kosten und Erlösen der Gesamtheit der Brief- und Infopostströme, die im Zustellgebiet enden. Ist das Zustellgebiet nicht defizitär, so entspricht die Last des Zustellgebietes dem Quersubventionsbetrag, der sich auf der Ebene der (nach Gruppen von Verkehrsrelationen unterschiedenen) Brief- und Infopostströme ermitteln läßt. Die zusätzliche Last eines Einsammelgebietes entspricht der Differenz zwischen den inkrementellen Kosten und den inkrementellen Erlösen der Gesamtheit der Brief- und Infopostströme, die von dem Einsammelgebiet ausgehen und bei der Betrachtung nach Zustellgebieten als nicht quersubventioniert identifiziert wurden. Die Ermittlung dieser Lasten erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren von Incremental Cost - Tests.

Ein bedeutender Anteil der Kosten, die bei der aktuellen universellen Bereitstellung von Briefdienstleistungen entstehen, stellt aber keine Kosten im ökonomischen Sinne dar, da sie bei einer rein wirtschaftlich orientierten Führung des Postdienstes in der Vergangenheit nicht entstanden wären. Die "reine" Last des Infrastrukturauftrages für Briefdienstleistungen - d. h. die Last, die bei einem effizient wirtschaftenden Postunternehmen anfallen würde - kann im Prinzip in einem zu der Bestimmung der aktuellen Last analogen Verfahren bestimmt werden, falls Kosten und Erlöse angesetzt werden können, die bei einer annähernd effizienten universellen Versorgungsstruktur wegfallen würden.

Weder die aktuelle noch die "reine" Infrastrukturlast lassen sich aus den bestehenden Kostenrechnungssystemen der DBP Postdienst bestimmen, da die Kostenrechnung keine inkrementellen Kosten ausweist und sie auch i. a. aus ihr nicht direkt zu bestimmen sind. Es ist folglich festzustellen, daß zur Bestimmung der Infrastrukturlast im Briefdienst eine Sonderrechnung durchgeführt werden muß. In diesem Beitrag wird eine derartige Rechnung, die sogenannte Wegfallkostenrechnung, exemplarisch vorgestellt. Als wegfallende Kosten und Erlöse werden in ihr die Kosten und Erlöse ausgewiesen, die bei dem Wegfall der Universaldienstverpflichtung langfristig und nachhaltig wegfallen.