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Nutzerkompetenz als Determinante der Diffusion multimedialer Dienste (Nr. 181)

Nutzerkompetenz als Determinante der Diffusion multimedialer Dienste

Cornelia Fries

Nutzerkompetenz als Determinante der Diffusion multimedialer Dienste
Nr. 181 / Dezember 1997

Zusammenfassung

In der öffentlichen Diskussion über die Entwicklung der Informations- und Wissensgesellschaft wird der Kompetenz der Nutzer im Umgang mit neuen Multimediadiensten zunehmend eine Schlüsselfunktion zugewiesen. Die Fähigkeit der Verbraucher, den Nutzen neuer Technologien und Anwendungen zu erkennen und sie sicher zu bedienen, gilt als eine zentrale Einflußgröße im Hinblick auf das zukünftige Nachfrage- und Nutzungsverhalten. Außerdem wird die kompetente Mediennutzung für alle Bürger als wichtige Voraussetzung für den Zugang zu Information und Bildung sowie die gesellschaftliche Integration angesehen. Durch die positive Begriffsbestimmung der Erweiterung individueller Fähigkeiten und Lebenschancen hat sich das Konzept der Nutzerkompetenz zu einem in Wirtschaft und Politik breit akzeptierten Leitbild entwickelt, das für viele Akteure anschlußfähig ist und dadurch zur Verwirklichung seiner Zielrichtung beiträgt. Bei der Umsetzung dieses Leitbildes müssen allerdings die spezifischen Rahmenbedingungen der Mediennutzung und die Anforderungen an die Entwicklung geeigneter Vermittlungskonzepte berücksichtigt werden.

Ergebnisse der Medienforschung zeigen, daß im Hinblick auf neue Medien erhebliche Wissens- und Erfahrungsdefizite in der Bevölkerung bestehen. Außerdem tendiert ein Großteil der Bevölkerung aufgrund habitualisierter Nutzungsmuster und spezieller Motivlagen zu einem eher passiven und unterhaltungsorientierten Medienkonsum. Die interaktiven und informativen Möglichkeiten der neuen Medien werden bislang vorwiegend von jüngeren Altersgruppen, höher Gebildeten sowie Besserverdienenden genutzt. Die Vermittlung von Nutzerkompetenz in allen Bevölkerungsgruppen stellt deshalb eine wichtige Voraussetzung für die Ausschöpfung von Marktpotentialen und die Förderung der gesellschaftlichen Integrationsfunktion neuer Medien dar. Die Entwicklung entsprechender Vermittlungsmaßnahmen ist mit hohen finanziellen und organisatorischen Anforderungen verbunden. Sie erfordert neben der informationstechnischen Ausstattung von Schulen und Klassenräumen und ihrem Anschluß an Datennetze auch Qualifizierungsmaßnahmen für das Lehrpersonal, die Einführung neuer Unterrichtskonzepte sowie die Bereitstellung geeigneter Lernmaterialien.

Auf der Basis von Schätzungen kann gezeigt werden, daß durch die bestehenden Programme zur Kompetenzvermittlung im schulischen und beruflichen Bildungswesen nur etwa die Hälfte der Bevölkerung erreicht wird. Wenn es das Ziel ist, durch die Vermittlung von Nutzerkompetenz die Ausschöpfung der wirtschaftlichen und sozialen Nutzenpotentiale der Informations- und Wissensgesellschaft zu fördern und wenn dies nicht erst für zukünftige Generationen erreicht werden soll, so müssen zusätzliche Programme konzipiert und entwickelt werden. Vor allem Senioren, Behinderte, Frauen, Ausländer und Erwerbslose werden durch die derzeitigen Angebote nicht oder kaum erreicht. Es sollten deshalb Informations- und Lernmöglichkeiten bereitgestellt werden, die auf die Bedürfnisse und Anforderungen dieser Zielgruppen zugeschnitten sind.