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Long-Run Incremental Cost und Preissetzung im TK-Bereich - unter besonderer Berücksichtigung des technischen Wandels (Nr. 323)

Neuer Diskussionsbeitrag
Long-Run Incremental Cost und Preissetzung im TK-Bereich - unter besonderer Berücksichtigung des technischen Wandels

Werner Neu, Gabriele Kulenkampff

Long-Run Incremental Cost und Preissetzung im TK-Bereich - unter besonderer Berücksichtigung des technischen Wandels

Nr. 323 / August 2009

Zusammenfassung

Das Konzept der Long-Run Incremental Cost (LRIC) wird möglichst umfassend in allen seinen Eigenschaften und Implikationen für die Kostenermittlung von Dienstleistungen von Telekommunikationsnetzen dargestellt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Frage, ob und welche Anpassungen sowohl im Konzept wie in seiner Anwendung nötig sind angesichts der umwälzenden Veränderungen in der elektronischen Kommuni-kation, die sich durch die Ablösung der schmalbandigen durch breitbandige Netze vollzieht. Das besondere Merkmal für die breitbandigen Netze ist, dass sie auf neuen Medien und einer substantiell anderen Technologie basieren und ihre zukünftigen Möglichkeiten viel-seitig und umfangreich zu sein versprechen, aber diese Aussichten durchaus noch im Ungewissen liegen.

Um den konzeptionellen Änderungsbedarf als Folge der neuen Entwicklungen identifi-zieren und einordnen zu können, gilt ein erheblicher Teil des Aufsatzes (Abschnitt 2) der Beschreibung des Status quo, d.h. des Verständnisses des Konzeptes und seiner bisherigen Anwendung, insbesondere im Rahmen von Bottom-up-Kostenmodellen, wobei auch Aspekte beleuchtet und abgeleitet werden, die bisher kaum oder gar nicht in der Literatur explizit behandelt worden sind. Beispiele sind die Bedeutung von Einschätzungen der handelnden Personen in der Anwendung des Konzeptes (übrigens auch bei jeder anderen Form der Kostenermittlung), die ökonomische Abschreibung, die Ableitung der Kosten des Geldes als Teil der Kapitalkosten, sowie die Ableitung von Kosten des Betriebs, der Wartung und Instandhaltung und der Gemeinkosten. Ein weiterer Teil (Abschnitt 3) befasst sich mit der Beschreibung und Einordnung von alternativen Interpretationen und von Kritik an dem Konzept.

Als wesentlichster Beitrag sind die Ausführungen im hinteren Teil des Aufsatzes (Abschnitte 4 und 5) zu verstehen. Es wird gezeigt, dass, weil das in den neuen Entwicklungen inhärente Risiko nicht allein über die Bewertung durch den Kapitalmarkt bewältigt werden kann, sondern auch ganz spezifische Herausforderungen für das Management des Unternehmens beinhaltet, die Anwendung des LRIC-Standards differenzierte Einschätzungen zukünftiger Erfolgsaussichten erforderlich macht. Dabei gilt: je größer die Unsicherheit, umso weniger optimistisch sollten diese Aussichten eingeschätzt werden. Pessimistischere Einschätzungen implizieren geringere erwartete Auslastung für installierte Anlagen und rechtfertigen deshalb höhere Kosten. Dies gilt insbesondere auch, wenn der LRIC-Standard von Regulierungsbehörden eingesetzt wird, um Preise regulierter Dienste, die mit der neuen Technologie produziert werden, zu bestimmen. Auch wird gezeigt, dass für die Kostenermittlung davon ausgegangen werden muss, dass die verschiedenen durch Breitbandnetze bereitgestellten neuen Dienste bzw. Diensteklassen definiert sein müssen. Dies beinhaltet auch die Festlegung von Qualitätsmerkmalen (u.a. hinsichtlich Laufzeitanforderungen; Jitter, Paketverlust). Ohne eine solche Festlegung würde eine eindeutige Ermittlung von Kosten schwer möglich sein. Die regulatorischen Herausforderungen hinsichtlich der Preisregulierung in der Phase des technologi-schen Übergangs, die keine langfristigen Überlegungen beinhalten, werden ebenfalls adressiert. In Abschnitt 5 wird der Zusammenhang, der zwischen LRIC- basierten Kosten und den gesamtwirtschaftlichen Opportunitätskosten besteht, genutzt, um die Preise für alte Dienste, die neuerdings entweder mit neuer Technologie hergestellt oder durch neue Dienste auf Basis neuer Technologie verdrängt werden, zu begründen. Diese Preise sollten denen entsprechen, die bisher auf Basis der Kosten der alten Technologie ermittelt worden sind. Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass Abnehmer weiterhin zu akzeptierten Preisen Produkte erhalten, die ihren bisherigen Bedürfnissen entsprechen, und dass den Anbietern Einnahmen auf einem Niveau gewährleistet wird, das entweder oberhalb des Kostenniveaus liegt, das – in der langen Frist – mit der neuen Technologie für diese Produkte erwartet wird, oder aber dem gegenwärtigen Marktwert dieser Produkte entspricht.

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