Digitalisierung und Briefsubstitution: Erfahrungen in Europa und Schlussfolgerungen für Deutschland. (Nr. 436) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Digitalisierung und Briefsubstitution: Erfahrungen in Europa und Schlussfolgerungen für Deutschland. (Nr. 436)

Neue WIK-Studie untersucht, warum (sichere) elektronische Kommunikation sich im Ausland schneller durchsetzt als in Deutschland. Ein wesentlicher Grund ist dort oft aktive staatliche Unterstützung.

Zusammenfassung

Seit der Jahrtausendwende geht weltweit der Briefversand zurück. Deutschland weist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern einen äußerst moderaten Sendungs- mengenrückgang auf, während zum Beispiel in Estland und Dänemark die Briefmengen massiv unter Druck geraten sind. Als Hauptursache für den anhaltenden Nachfrage- schwund im Briefmarkt gilt die elektronische Substitution. Staatliche Institutionen kön- nen als „Wellenbrecher“ für die Verbreitung sicherer digitaler Kommunikationskanäle fungieren, indem sie Vertrauen schaffen. Die Digitalisierung kann beispielsweise durch zentrale Bürgerportale und andere staatliche Maßnahmen (z.B. gesetzliche Vorgaben zum Vorrang der elektronischen Kommunikation beim Kontakt mit Behörden) aktiv vo- rangetrieben werden. Dies kann die Briefsubstitution beschleunigen.

Vor diesem Hintergrund bietet die Studie einen Überblick über die Umsetzung und den Erfolg verschiedener Initiativen zur Förderung digitaler Kommunikation in fünf ausge- wählten europäischen Ländern. Die Vergleichsländer sind Dänemark, Estland, Frank- reich, die Niederlande und Schweden.

Der Stellenwert, den ein Staat dem Thema Digitalisierung einräumt, wird bereits durch die betreffenden staatlichen Institutionen deutlich. So wurde in einigen Staaten eine zentral angesiedelte Digitalagentur gegründet wurde. Um sichere digitale Kommunikati- on auch in Deutschland stärker zu etablieren, wäre es zielführend, konsequent ein um- fassendes  E-Government-Konzept  umzusetzen,  welches  den  Prinzipien  One-Stop- Shop (Bereitstellung aller Informationen und digitalen Dienste z.B. auf einer Webseite), Once-Only (Zentralisierung oder Verknüpfung von Datenbanken, so dass Bürger Infor- mationen nur ein einziges Mal mitteilen müssen) und Digital-by-Default (Vorrang der digitalen Kommunikation) folgt.

Das Kommunikationssystem sollte leicht zugänglich und einfach und vielfältig anwend- bar sein. Der Nutzerkreis sollte möglichst offen sein. Um das System bekannt zu ma- chen, wäre eine umfassende Medienkampagne hilfreich. In den betrachteten Ländern waren es oft die Steuerbehörden, die für die Nutzung von elektronischen Kommunikati- onslösungen warben. Um die Nutzung sicherer digitaler Kommunikationslösungen sehr schnell zu steigern, wurde in einigen Ländern eine Verpflichtung zur Nutzung eines elektronischen Postfachs für die Kommunikation mit staatlichen Institutionen eingeführt. Dies ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn das sichere digitale Kommunikationssystem auch innerhalb der staatlichen Stellen entsprechend ausgebaut ist.

Bedeutet dies jedoch, dass wenn man erst die Hindernisse für eGovernment-Konzepte überwindet, dass dann auch in Deutschland die Briefsendungsmengen zurückgehen werden? Zum einen kann festgestellt werden, dass es auch im europäischen Vergleich keinen 1:1 Zusammenhang zwischen Zunahme der elektronischen Kommunikation und Sendungsmengen gibt. Zum anderen existieren fundamentale grundsätzliche Hürden in Deutschland wie die föderale Verwaltungsgliederung und die geringe Akzeptanz in der Bevölkerung. Zudem gibt es Faktoren, die Sendungsmengenrückgänge auffangen könnten. Hierzu gehören z.B. kleine Warensendungen im boomenden Online-Handel, die häufig als Brief versandt werden. Insgesamt muss insofern kurz-/ mittelfristig keine extremer Sendungsmengenrückgang in Deutschland erwartet werden

Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.