Big Data und OTT-Geschäftsmodelle (Nr. 414) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Big Data und OTT-Geschäftsmodelle (Nr. 414)

Daten sind nicht das neue Öl. Welchen Einfluss die Erfassung, Analyse und Nutzung von Daten wirklich auf Wettbewerb, Datenschutz und Verbraucherschutz haben, zeigt der WIK Diskussionsbeitrag Nr. 414.

Zusammenfassung

Im Zuge der Digitalisierung und Vernetzung nahezu aller Lebensbereiche werden immer mehr Bereiche der Datenerfassung und -analyse zugänglich gemacht. Die so gewonnenen Erkenntnisse können insbesondere für Geschäftsmodelle, die zur Finanzierung auf Werbung setzen, einen Wettbewerbsvorteil generieren. Praktisch alle Geschäftsmodelle können von den heute zugänglichen großen nicht-standardisierten Datenmengen (Big Data) und ihrer (zielgerichteten) Erhebung, Verknüpfung, Analyse und Nutzung profitieren, indem sie gewonnene Erkenntnisse nutzen, um ihre Produkte oder Dienstleistungen zu verbessern. Die Informationen, die aus Daten gewonnen werden können, ermöglichen darüber hinaus zahlreiche innovative Geschäftsmodelle. Somit gewinnen Daten, ihre Erhebung und Verwendung in der öffentlichen Debatte zusehends an Bedeutung. 

Sogenannte Over-The-Top (OTT-) Dienste, die den Internetzugang über Telekommunikationsnetze als Infrastruktur nutzen und ihre Dienste und Inhalte über das Internet bereitstellen, verwenden Daten häufig als zentralen Bestandteil ihres Geschäftsmodells. Dabei setzen sie Technologien ein, die es ermöglichen, nahezu in Echtzeit Daten, die zumeist aus der Interaktion von Konsumenten mit ihren Webseiten, Apps oder anderen Diensten bzw. Endgeräten entstehen, zu erheben und zu analysieren. 

Der vorliegende Diskussionsbeitrag greift diese Rahmenbedingungen auf und diskutiert die grundlegenden technologischen, wettbewerblichen sowie daten- und verbraucherschutzrechtlichen Fragestellungen in Bezug auf Big Data. Es zeigt sich, dass der häufig getätigte Vergleich von Daten mit Geld in die Irre führt. Dabei ist ein wesentlicher Punkt, dass Daten nicht-rivalisierend in der Nutzung sind und nicht verbraucht werden können. Vielmehr stößt ihre Erfassung, Multiplikation, Speicherung und Analyse neue Wertschöpfung entlang der Telekommunikationsinfrastruktur an. 

Ebenso wurden nur wenige Indizien für den wettbewerbsbeschränkenden Charakter von Daten gefunden. Dies wäre nur der Fall, wenn eine echte Datenexklusivität für kritische Daten vorliegen würde. Darüber hinaus muss auch bezweifelt werden, inwiefern Daten und Algorithmen tatsächlich eine perfekte Preisdifferenzierung zulassen. Hier gilt, wie bei den allermeisten anderen Datennutzungsszenarien, dass zwar durchaus zielgruppenspezifisch Angebote angepasst werden können; eine perfekte Abschöpfung der individuellen Zahlungsbereitschaft oder das direkte Anregen eines Kaufs erscheinen nach heutigem Stand der Technik aber praktisch nicht durchführbar. 

Letztlich wird ein solches Vorgehen durch den für Internetmärkte typischen Wettbewerb nach Schumpeter verhindert. Offene Fragen in Bezug auf den Datenschutz (personenbezogene Daten), die Datensicherheit (nicht-personenbezogene Daten) und den Verbraucherschutz (Privatsphäre und Transparenz) bleiben jedoch bestehen. Insbesondere muss bezweifelt werden, dass Konsumenten noch eine echte Chance auf Realisierung von Privatsphäre durch Verhinderung von Tracking im Internet haben. 

Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.

Autoren

  • Christian Hildebrandt
  • René Arnold