Digitaler Rundfunk - vergleichende Betrachtung der Situation und Strategie in verschiedenen Ländern (Nr. 186) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Digitaler Rundfunk - vergleichende Betrachtung der Situation und Strategie in verschiedenen Ländern (Nr. 186)

Digitaler Rundfunk - vergleichende Betrachtung der Situation und Strategie in verschiedenen Ländern

Ulrich Stumpf, Daniel Tewes

Digitaler Rundfunk - vergleichende Betrachtung der Situation und Strategie in verschiedenen Ländern                                                                                  Nr. 1896 /Juni 1998

Zusammenfassung

Die Einführung digitaler Übertragungstechniken im Rundfunkbereich besitzt derzeit in mehreren Ländern einen hohen medien- und telekommunikationspolitischen Stellenwert. Dies gilt insbesondere für das digitale terrestrische Fernsehen, das längerfristig das analoge terrestrische Fernsehen vollständig ablösen soll. Als Vorteile der neuen Technik werden insbesondere die höhere Programmvielfalt, die Möglichkeit des portablen Empfangs und die höhere Spektrumseffizienz hervorgehoben. Aber auch im terrestrischen Hörfunk sind entsprechende Aktivitäten feststellbar.

Um eine rasche Einführung der digitalen Übertragung von Rundfunkprogrammen in Deutschland zu erreichen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft im Rahmen einer Plattform "Digitaler Rundfunk" mit den Beteiligten (Länder, Programm- und Diensteanbieter, Netzbetreiber, Industrie und Verbraucher) einen Strategievorschlag für den Übergang zur digitalen Rundfunkübertragung erarbeitet. Auch in anderen Ländern wird die Digitalisierung des Rundfunks diskutiert, teilweise ist sie bereits beschlossen. Die vorliegende Studie, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft durchgeführt wurde, stellt die entsprechenden Initiativen in Frankreich, Spanien, Großbritannien, Schweden und den USA dar (Stand: Mai 1998).

Hinsichtlich der Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens stellen sich die länderspezifischen Ergebnisse zusammenfassend wie folgt dar:

  • In Großbritannien sind bereits sechs national ausgestrahlte digitale Programmpakete (sogenannte Multiplexe) lizenziert worden. Mit der Aufnahme des Regelbetriebs wird für den November 1998 gerechnet. Im Endausbau, der im November 1999 erreicht sein soll, ist - je nach Multiplex - eine technische Reichweite von 70-90% vorgesehen. Die Anbieter bestehender Programme wurden zu einer simultanen analogen und digitalen Ausstrahlung der Programme (Simulcast) verpflichtet. Ein Datum für die Einstellung der analogen Übertragung wurde nicht festgelegt, bis zum Dezember 2001 wird aber der für den Medienbereich zuständige Minister einen Bericht vorlegen, in dem diese Frage aufgegriffen wird.

  • In Schweden sind zwei Multiplexe vorgesehen, die im Januar 1999 ihren Regelbetrieb mit einer technischen Reichweite von 50% aufnehmen sollen. Auch in Schweden ist ein Simulcast der bereits bestehenden Programme vorgesehen. Ein Datum für die Einstellung der analogen Übertragung wurde nicht fixiert, spätestens Anfang 2002 wird der zuständige Minister aber einen Bericht vorlegen, der sich u.a. auch mit dieser Frage befassen wird.

  • In Spanien gehen die Planungen derzeit von elf Multiplexen aus, davon fünf mit nationaler Reichweite. Die nationalen Multiplexe sollen Anfang 1999 den Regelbetrieb aufnehmen und stufenweise bis zum Jahr 2010 ihre technische Reichweite auf 95% steigern. Wie in Großbritannien und Schweden müssen auch in Spanien künftig die bestehenden Programme simultan analog und digital ausgestrahlt werden. Die Einstellung der analogen terrestrischen Übertragung ist gegenwärtig für den 1. Januar 2010 vorgesehen.

  • Frankreich verfügt hingegen noch nicht über eine Gesetzesgrundlage, die mehr als Erprobungen zuläßt. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß die notwendigen Regelungen für die Einführung des digitalen Rundfunks in das neue Mediengesetz aufgenommen werden, das die Regierung Jospin im Herbst 1998 der Nationalversammlung vorzulegen beabsichtigt.

  • In den USA erhalten alle analogen Sendenetzbetreiber für den Übergang zum Digitalfernsehen einen zusätzlichen Kanal. Die Auflagen hinsichtlich der Aufnahme des digitalen Dienstes sind gestaffelt. Im Mai 1999 werden die mit den großen nationalen Fernsehgesellschaften verbundenen Sendenetzbetreiber zunächst in den Ballungsgebieten den Regelbetrieb aufnehmen, während für alle anderen Lizenznehmer längere Umstellungsfristen gelten. Als inhaltliche Mindestauflage wurde die digitale Ausstrahlung eines frei empfangbaren Programms festgelegt. Ab 2003 gilt eine partielle Auflage zur simultanen analogen und digitalen Ausstrahlung von Programminhalten, die in der Folge auf 100% gesteigert wird. Die Einstellung des analogen Sendebetriebs ist für 2006 vorgesehen.

 
Hinsichtlich der Einführung des digitalen Fernsehens über Kabel und Satellit ist die Entwicklung sowohl in den europäischen Ländern als auch in den USA marktgetrieben. Auch die Beendigung der analogen Übertragung wird sich ausschließlich an den Marktgegebenheiten orientieren. Die diesbezüglichen Entscheidungen treffen die jeweiligen Unternehmen ohne regulatorische Einflußnahme.

Digitale Programmpakete werden über Satellit bereits in Frankreich, Spanien und Skandinavien ausgestrahlt, in Großbritannien steht der Sendestart kurz bevor. In den genannten Ländern können digitale Programmpakete auch bereits über einen Teil der Kabelnetze empfangen werden. Die größere Wachstumsdynamik findet sich jedoch im Bereich des digitalen Satellitenfernsehens.

Die Einführung des terrestrischen digitalen Hörfunks auf der Basis des DAB-Standards ist in verschiedenen europäischen Ländern Gegenstand politischer Initiativen. In Großbritannien und Schweden wurde der Regelbetrieb bereits im September 1995 aufgenommen. In Frankreich werden derzeit umfangreiche Tests vorgenommen. Lediglich in Spanien bleibt es zunächst bei einem punktuellen Probebetrieb. Als Hindernis für eine umfassende Markteinführung des digitalen Hörfunks wurde in allen Ländern die derzeit noch nicht ausreichende Ausstattung mit digitalen Radioempfängern identifiziert. In den USA findet die Einführung des digitalen terrestrischen Hörfunks im Unterschied zu Europa derzeit kaum Unterstützung.

In Europa ergänzen die Anbieter digitaler Fernsehprogrammpakete, die über Kabel oder Satellit senden, diese in der Regel auch um digitale Hörfunkprogramme. In den USA erfolgte im Oktober 1997 dagegen die Lizenzierung eigenständiger satellitengestützter digitaler Hörfunkanbieter, während im Kabelbereich die gleichen Aussagen wie in Europa gelten.