Die Infrastrukturverpflichtung im Postbereich aus Nutzersicht (Nr. 162) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Die Infrastrukturverpflichtung im Postbereich aus Nutzersicht (Nr. 162)

Die Infrastrukturverpflichtung im Postbereich aus Nutzersicht

Wolfgang Elsenbast

Die Infrastrukturverpflichtung im Postbereich aus Nutzersicht
Nr. 162 / Juli 1996

Zusammenfassung

In der Debatte um die Ausgestaltung des Universaldienstes wird die derzeitige Form des Universaldienstes in der politischen Diskussion meist mit der Aussage begründet, daß eine umfassende Versorgung mit postalischen Dienstleistungen ein wesentlicher Bestandteil der sozialen Infrastruktur ist und deshalb zu erhalten sei. Es ist aber weitgehend unbekannt, welche sozialen Gruppen von einer umfassenden Universaldiensterstellung profitieren und welche Bedeutung die einzelnen Dimensionen des Universaldienstes, d.h. Zustellort, Zustellhäufigkeit, Preis (Tarifeinheit im Raum), Filialnetzdichte und Laufzeit haben.

In der vorliegenden Untersuchung wird die Bedeutung des Universaldienstes und seiner einzelnen Dimensionen ermittelt. Sie fußt auf einer repräsentativen Befragung von 1.000 Haushalten und rund 1.100 Betrieben mittels traditioneller Methoden der Marktforschung wie auch unter Anwendung einer Conjoint-Analyse.

Die Ergebnisse der Untersuchung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

- Die Hauszustellung ist für alle Haushalte, insbesondere für ältere Haushalte, ein sehr wichtiges Element des Universaldienstes. Die Bedeutung für die Haushalte steigt mit der Besiedlungsdichte. Der Standard „Hauszustellung“ begünstigt eher Haushalte mit einem niedrigen oder mittleren Nettohaushaltseinkommen sowie Haushalte mit einer geringen Ausstattung an technischen Kommunikationsmitteln und Computern. Vergleichsweise hohes Interesse zeigten Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen. Geringes Interesse für die Alternative Straßenzustellung zeigten Betriebe, die der Forst- und Landwirtschaft sowie der Fischerei zugeordnet werden und Organisationen ohne Erwerbscharakter bzw. das Baugewerbe. Geographische Unterschiede bei der Bewertung der Dimension Zustellort sind bei den Betrieben vernachlässigbar.

- Der Erhalt der derzeitigen Zustellhäufigkeit von 6 Tagen begünstigt besonders Haushalte, die die postalischen Dienstleistungen im stärkeren Umfang und/oder selektiver nutzen, sowie Haushalte mit hohem Haushaltsnettoeinkommen bzw. hoher Bildung. Ferner profitieren Betriebe, welche auch Samstags eine Zustellung benötigen.

- Der Erhalt der Tarifeinheit im Raum begünstigt Haushalte mit einem höheren Volumen an Sendungen, die in kostenintensiveren, d.h. ländlichen, Gebieten zugestellt werden. Durch die Tarifeinheit im Raum findet i.a. keine Bevorzugung von Betrieben in bestimmten Regionen statt.

- Der Erhalt der derzeitigen Filialnetzdichte begünstigt insbesondere ältere Haushalte, Haushalte mit einer geringeren Ausstattung mit technischen Kommunikationsmitteln und Computern sowie Haushalte mit einem niedrigen Einkommen bzw. niedriger Bildung sowie Haushalte mit geringen Haushaltsnettoeinkommen. Durch den Erhalt der Filialnetzdichte werden im Vergleich zu den Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen alle anderen Branchen überproportional begünstigt.

- Der Gewährleistung einer Laufzeit von E+1 als Standard begünstigt die intensiven bzw. selektiven Nutzer sowie Haushalte mit einem hohen Haushaltsnettoeinkommen. Vergleichsweise überproportional begünstigt werden durch den Laufzeitstandard von E+1 die folgenden Branchen: Verkehr und Nachrichtenübermittlung, Dienstleistungen, verarbeitendes Gewerbe, Handel, sowie Energie, Wasserversorger und Bergbau.