Christoph Ferdinand
Ökonomische und regulatorische Aspekte der gemeinsamen Schalternutzung: Preisbildung im Schalterbereich
Nr. 78 / Dezember 1991
Zusammenfasssung
Die Poststrukturreform führte zur Aufgliederung der Deutschen Bundespost in drei selbständige Unternehmen und zur Trennung der unternehmerischen und hoheitlich-regulierender Aufgaben. Beide Umwälzungen haben unmittelbare Relevanz für das nun vom DBP Postdienst betriebene Schalternetz: zum einen wird die künftige Gestaltung des Schalternetzes und die Nutzungsvergütung erstmals zum Gegenstand wechselseitiger Vereinbarungen zwischen unabhängigen DBP Unternehmen. Zum anderen ist es Aufgabe des BMPT, einen regulatorischen Rahmen aufzuspannen, der unternehmerische Freiheit und Erfüllung politischer Ziele wirkungsvoll miteinander vereint. Die Auseinandersetzung mit ökonomischen und regulatorischen Aspekten der gemeinsamen Schalternutzung findet ihren Niederschlag in drei getrennten Ausarbeitungen: der Abhandlung zur Preisbildung wird eine weitere zu regulatorischen Auflagen für den Schalterbereich und eine zu den rechtlichen Rahmenbedingungen im Schalterbereich folgen.
Ziel der Abhandlung zur Preisbildung im Schalterbereich ist es, Hinweise für die zukünftige Gestaltung der Leistungsbeziehung und -verrechnung zwischen den Nutzern und dem Bereitsteller von Schalterkapazitäten zu liefern. Hierzu wird im ersten Teil ein Verhandlungsmodell entwickelt, das unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der regulatorischen Auflagen ist. Es bildet die wichtigsten Elemente ab, die in einer längerfristigen Vertragsbeziehung berücksichtigt werden müssen. Die Vereinbarung der künftig durch den Schalterbereich bereitzustellenden Leistung (als dem zu verhandelnden Produkt) wird zum expliziten Verhandlungsgegenstand und das künftig vorzuhaltende Schalternetz ergibt sich somit aus den mit den verschiedenen Schalternutzern vereinbarten Leistungsmerkmalen. Wichtige Leistungsdimensionen betreffen beispielsweise die Art und den Umfang der bereitgestellten Kapazitäten, die Exklusivität der Leistungsbeziehung, die Dauer und die Qualität der Leistungserstellung. Die Bestimmung der Leistungskomponente vollzieht sich simultan mit der Festlegung des Preises. Die modellierte Preisbildung löst sich von der reinen Kostenbetrachtung im Rahmen der Leistungs- und Kostenrechnung: der gefundene Preis wird sich vielmehr innerhalb wohldefinierter Preisober- und untergrenzen befinden. Die Preisuntergrenze stellen die dem Nutzer verursachungsgerecht zuordenbaren Zusatzkosten dar, die Preisobergrenze wird durch die Kosten der besten Alternative des Nutzers abgebildet ("Stand-Alone Kosten"). Eine genauere Bestimmung ist jedoch nicht möglich und hängt nicht zuletzt von wettbewerblichen und marktlichen Aspekten ab. Anschließend wird aufgezeigt, welchen Einfluß politische Auflagen auf den Preisbildungsprozeß haben. Ein Vergleich mit im Ausland (Großbritannien, Niederlande und Dänemark) praktizierten Verhandlungslösungen stellt den zweiten Teil der Betrachtung dar. Vor dem Hintergrund der individuellen Ausgangsbedingungen der einzelnen Länder werden die vertraglichen Vereinbarungen mittels des im ersten Teil eingeführten Bezugsrahmens analysiert und vergleichbar gemacht Vorgefundene Abweichungen bei der Ausgestaltung einzelner Abmachungen lassen sich auf die besonderen Ausgangsverhältnisse der einzelnen Länder zurückführen